Donnerstag, 3. Oktober 2013


Großstadtdschungel (Delhi)


Landung in Indien. Und schon Das, ist in Neu-Delhi ein echtes Erlebnis. Als ca. zehn Minuten vor unserer Landung die ersten Sonnenstrahlen über die Stadt fallen, traut man seinen Augen nicht: Egal wo man hinschaut, man sieht nur Smog und bis zum Horizont eine große Stadt! Hochhäuser, heruntergekommene riesige Wohnblocks, strahlende Wolkenkratzer, normale Häuser und eine unfassbare Menge an Hütten erbaut aus dem Müll der Straße. Ein riesiger, fein genähter Flickenteppich.

Irgendwo im Nirgendwo dieser unendlichen Metropole landen wir. Das Auschecken, die Passkontrolle, die Hotel – und Taxibuchung am Flughafen funktionieren problemlos und nicht einmal zwei Stunden nach der Landung sitze ich im – doch sehr westlichen – „Delhi City Centre Hotel“. Der Preis von 1.500 Rupien (knapp 20 €) ist zwar gesalzen, mir in meiner augenblicklichen Gemütslage aber völlig egal. Erstmal Ausschlafen.
Vor der Haustür Blick nach rechts



Blick nach links
Später, so gegen fünf Uhr nachmittags, unternehme ich dann den ersten Ausflug in die Stadt. Da ich sehr zentral im Bahnhofsviertel Paharganj abgestiegen bin, muss ich einfach nur vor die Tür treten um mittendrin im Trubel zu sein. Und schon nach drei Stunden Umherstreunen in Delhi, kommt man nicht umhin, immer und immer wieder die unfassbaren Extreme dieser Stadt zu bestaunen. Ich hatte vor diesem Trip schon oft davon gelesen und mir zugetraut, mit der Situation, der so oft und schonungslos sichtbaren Armut, klarzukommen. Doch jetzt, da genau das Realität wird, habe ich trotzdem das Gefühl unvorbereitet gegen eine Wand zu rennen. Das nennt man dann wohl Kulturschock.


Viele Leute schlafen auf der Straße neben wild umherstreunenden Straßenhunden. Aber das „Auf-der-Straße-Schlafen“ muss man hier wortwörtlich nehmen. Männer wie Frauen mit nichts, abgesehen von dem was sie anhaben, liegen auf dem blanken Teer – schlafend oder betrunken – während die Inder es fertigbringen über sie hinwegzustiefeln als wären es Tiere.
Besonders eingeprägt hat sich mir dabei auf der Taxifahrt vom Flughafen zum Hotel das Bild einer Großfamilie; viele Frauen verschiedenen Alters, gekleidet in einstmals prächtigen, jetzt jedoch verdreckten und zerrissenen Saris. Die dabei sitzenden halbnackten Männer schauen desillusioniert und fertig aus. Um diese Gruppe herum hüpfen und rennen völlig verdreckte, teils schlimm zugerichtete Kinder und spielen Fangen. Und wie um dem ganzen die Krone aufzusetzen beobachte ich dieses Bild nicht in irgendeiner abgelegenen Seitenstraße, sondern auf einer Verkehrsinsel, auf einer der größten, lautesten und wahrscheinlich dreckigsten Straßen Neu Delhis, der Ring Road.  




Typische Straßenszene 


Wenn man es aber schafft diese Bilder und die damit verbundenen Gefühle zurückzustellen, erlebt man gleichzeitig auch ein ganz anderes Delhi. Extrem freundliche Menschen (egal wen man auf der Straße anlächelt, es lachen mindestens drei Gesichter zurück), ungewohntes, extrem vielseitiges und leckeres Essen, und hin und wieder, inmitten des totalen Verkehrschaos, Elefanten! Jedes mal wenn ich einen dieser Dickhäuter sehe, muss ich mich beherrschen nicht laut aufzulachen. Zu gut ist dieser Gegensatz zwischen der Hektik des indischen Alltags und der unerschütterlichen Entspanntheit eines Haathi, des indischen Elefanten.

Elefant im Stadtverkehr

Ebenfalls äußerst wirkungsvoll um auf andere Gedanken zu kommen – und nebenbei unschlagbar preiswert – ist eine Rikscha-Taxifahrt. Eine Fahrt mit diesen dreirädrigen Gefährten mit löchrigen Wellblechplatten als Unterboden und dafür doppelt so lauten Hupen wie in Europa überhaupt zulässig, kann den Puls schon mal in die Höhe schnellen lassen. Meine bisherigen Taxifahrer, genauso wie anscheinend auch alle Kollegen ihrer Zunft, sind entweder stark suizidgefährdet oder allesamt auf Drogen. Hier wird nicht gefahren, hier wird um jeden Meter gekämpft! Und obwohl ich mich als eher entspannten Mitfahrer einstufe, bin ich schon ein bis zweimal nicht darum herumgekommen, mir ernsthaft zu überlegen, wie ich am besten aus dem fahrenden Taxi springe.
Rikscha-Taxi
Chilliger Barbier


Menschenmassen vor dem Bahnhof New Delhi


Blick aus meinem Hotelfenster
Alles in allem also, zwei sehr intensive Tage in Delhi. Nach diesem funktionierendem Chaos brauche ich dringend ein bisschen mehr Ruhe und habe mir vorhin nun ein Bahnticket (Fahrkarten an indischen Bahnschaltern zu kaufen, erfordert viel Geduld und – trotz der sehr netten Mitarbeiter – im Schnitt mindestens 2 Stunden Zeit) in den hohen Norden nach Dehradun gebucht. Von hieraus werde ich dann die nächsten Tage entscheiden ob ich eine etwas längere Trekkingtour auf ca. 3.500 Meter Höhe zu den heiligen Tempeln von Uttarakhand unternehme. Oder ob ich auf den Spuren der Beatles wandle und mit Rishikesh die Welthauptstadt des Yogas, abgespaceter Gurus und der New-Age-Bewegung erkunde!

Bis dahin...Namaste.



Straße zu meinem Hotel
Arakashan Road
Feuerschutz meines Hotels


Straße ins Zentrum
Blick vom Bahnhof nach Delhi


Bahnhof New Delhi

1 Kommentar:

  1. Danke! Die Bilder sind toll und du schreibst sehr schön. Da freu ich mich auf mehr ;)

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